Prima vorbereitete Chortage - einen dicken Brief mit allen Notenblättern, Hintergrundinformationen und Wissenswertem erhalten wir vom cantus e.V. rechtzeitig vorab. Perfekt.
Am Klavier wagt sich der eine oder andere schon mal an "Unser lieben Frauen Traum" und ans "Jesulein süß...". Klappt schon richtig gut und man freut sich auf Weihnachten. Denn wenn das Fest um ist, heißt es: Noten packen und auf geht's in die Stephanuskirche nach Stuttgart-Bad Cannstatt!
Dort angekommen bemerkt man sogleich den Unterschied zwischen alten Hasen (großes Hallo) und Frischlingen (unbeholfenes Herumstehen mit Festhalten an Teetasse). Aber das macht nichts - schließlich haben wir alle etwas gemeinsam: Die Liebe zur Musik - da werden wir uns schon zusammenraufen.
Wolf-Rüdiger Spieler stellt sich vor und begrüßt uns. Der Verlauf der nächsten vier Tage wird uns nahe gebracht. Wir singen "Kommet, ihr Hirten" von Carl Riedel, "O Jesulein süß", "Unser lieben Frauen Traum", Schlaf' mein Kindelein", "Ehre sei Gott in der Höhe", von Max Reger, "Neujahrslied" und "Geleit" von Felix Mendelssohn Bartholdy und das "Abendlied" von Josef Rheinberger. Das "Nachtlied" von Max Reger ist angedacht, bleibt dann aber doch ungesungen in der Mappe, da sich die übrige Literatur als ganz schön happig erweist bzw. wir als ungeübte Laien für die Einübung die gesamte Zeit benötigen.
Unermüdlich erzieht uns Wolf-Rüdiger zu sauberer, chorischer Aussprache. Und vor allem zu "geraden" Tönen: Er lässt nicht locker, bis auch der letzte Sopran keine operngewaltigen Anlauf-Noten mehr singt, der Bass nicht mehr im Untergeschoss herumbrummt, der Alt endlich so singt, wie er es jetzt schon fünf Mal vorgesungen hat und die Tenöre keine Fanfaren mehr schmettern, sondern anmutige Töne von sich geben.
Wolf-Rüdigers lockere Sprüche, die immer wieder Lachsalven verursachen, machen das ganze Üben lustig und es ist nicht schwer, seiner Bildersprache zu folgen. "Tüüü-tüüü-tüüü… das hört sich an, als würdet ihr gestresst im Stau stehen…!" Mit diesem Bild im Kopf gelingt uns ein perfekt von oben angesungenes engelgleiches "dü-dü-dü"…
Zwischendurch trennen wir uns und die einzelnen Stimmen werden unter der Leitung von Mike Braun, Jens Paulus und Birgit Müller eingeübt.
Auch Theorie-Unterricht steht an. Interessant und kurzweilig erzählt uns Wolf-Rüdiger aus der Zeit der Barockmusik, wir erfahren viel über Max Reger und seine Art zu komponieren. Und warum die "bittere Marter" in "Unser lieben Frauen Traum" keine solche für den Chor ist. Mit diesem Wissen gerüstet singen sich auch scheinbar "schräge" Stellen viel leichter.
Wir geben unser Bestes und immer öfter ist Wolf-Rüdiger sogar zufrieden…!
Bei "Ehre sei Gott in der Höhe" übernimmt Verena Walcher den Solopart und Jens Paulus begleitet am Klavier.
Unser Konzert am 30.12. - Höhepunkt der Chortage und kurzentschlossen als Benefizkonzert für die Opfer der Flutkatastrophe im Indischen Ozean ausgezeichnet - ist ein Erfolg. Obwohl sich der Schwabe an einigen Stellen nicht ganz überhören lässt, sind alle begeistert. Martin Ascher überzeugt an der Orgel und besonderes Highlight ist die Sonata G-Dur von J. S. Bach, bei der Michaela Kretschmer, Birgit Müller und Jens Paulus an Flöte, Violine und Klavier brillieren.
Auch die Lesungen mit ausgesucht schönen Texten regen zum Nachdenken an…
Eine richtig tolle Überraschung und dick herauszustreichen ist unsere Verpflegung. Liebevoll und schmackhaft werden wir bekocht, sogar Extrawünsche werden berücksichtigt. In den Pausen sind Kuchen, Häppchen und Obst aufgebaut und immer ist genügend Tee, Kaffee und Sprudel da. Alles so super organisiert, dass man den Akteuren an Herd und Kaffeemaschine nur ein Riesenkompliment machen und einen dicken Dankeschön-Orden um den Hals hängen kann.
Auch der Hausherr, Pfarrer Matthias Wagner hat sich gefreut. In einer e-mail an den cantus e.V. dankte er dem Chor, samt Herrn Spieler und den Instrumentalisten ganz herzlich für das gelungene Konzert. Er bezeichnete es als eine großartige Idee, dieses Konzert als Benefizkonzert für die Opfer der Flutkatastrophe durchzuführen. 1.736,85 Euro sind für diesen Zweck zusammen gekommen - ein wichtiges Zeichen der Verbundenheit mit den hart betroffenen Menschen in Südostasien.
So machen Chortage echt Spaß - und bestimmt sind beim nächsten Mal wieder alle dabei.