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Heinig, Manfred / Rau, Hermann / Schuberth, Dietrich (Herausgeber - Stammteil);
Evangelische Kirche im Rheinland / Evangelische Kirche von Westfalen / Lippische Landeskirche / Evangelisch reformierte Kirche (Herausgeber - Landeskirchlicher Liederteil) :

Das Orgelbuch zum Evangelischen Gesangbuch

Ausgabe Rheinland - Westfalen - Lippe - Evangelisch reformierte Kirche
Band 1: Lied 1-315, Band 2: Lied 316-695

Bärenreiter-Verlag Kassel, Basel, London, New York, Prag 1996
ISMN M-006-49964-9
248 DM (beide Bände)

d.korthals, 5/99

Man hat es nicht leicht als Organist. Gerade vor dem Gottesdienst muß man sich der Herausforderung stellen, durchschnittlich um die 20 Minuten - vielleicht mehr, vielleicht weniger - die Gemeinde mit einem Orgelspiel zu erfreuen, welches die andächtige Atmosphäre vor dem Gottesdienst fördern und zudem relativ abwechslungsreich dargeboten werden soll.

Nun - wenn die eigenen Fähigkeiten der improvisatorischen Gestaltung und des Triospiels unserer Gesangbuchlieder eher begrenzt sind und auch Werke der Orgelliteratur wie z.B. aus den Orgelvorspielen vom Verlag Friedrich Bischoff (noch) Schwierigkeiten bereiten, dann sind die Möglichkeiten zur interessanten und attraktiven Ausgestaltung vor allem des vorgottesdienstlichen Orgelspiels stark reduziert. Es bleibt letztendlich nur die Möglichkeit, durch unterschiedliche Registrierungen dem Zuhörer Abwechslung zu bieten.

Oder gibt es doch Alternativen ?
Etliche unserer Lieder und Melodien sind aus den Gesangbüchern der Großkirchen übernommen. Die Idee, einmal einen Blick in deren Orgelbücher zu werfen, erscheint aus diesem Grunde nicht abwegig; vielleicht sind einige der dort vorhandenen Orgelsätze zu Chorälen sogar für unseren Gottesdienstgebrauch verwertbar oder können zumindest einige Anregungen liefern. Unter diesen Aspekten sei einmal ein Blick in das Orgelbuch zum Evangelischen Gesangbuch. Ausgabe Rheinland - Westfalen - Lippe - Evangelisch reformierte Kirche riskiert, welches Ende 1996 anläßlich der Einführung des neuen, überarbeiteten EG (Evangelisches Gesangbuch) erschienen ist.

Bevor jedoch das Buch geöffnet und ein Blick auf dessen Inhalte geworfen wird, sei erwähnt, daß aufgrund der dezentralen Strukturierung der Evangelischen Kirche die Organisation der Kirchenmusik von den jeweiligen Landeskirchen abhängig ist. Aus diesem Grunde existiert innerhalb der Evangelischen Kirche kein einheitliches Gesangbuch, stattdessen gibt es im deutschsprachigen Raum je nach Landeskirche unterschiedliche Gesangbücher. Gemeinsames Merkmal dieser Gesangbücher ist ein identischer Stammteil; darüber hinaus beinhaltet jedes Gesangbuch einen landeskirchlichen Liederteil, welcher von den jeweiligen Landeskirchen zusammengestellt wird. Dies bedeutet, daß es auch regional unterschiedliche Orgelbücher gibt, wobei selbst die Begleitsätze zu den Melodien des Stammteils differieren. Die Informationen in diesem Artikel beziehen sich demnach nur auf die Ausgabe Rheinland -Westfalen -Lippe - Evangelisch reformierte Kirche.

Zudem existiert zum neuen EG, vor allem zum Stammteil, auf dem Notenmarkt mittlerweile eine Vielzahl von Orgelausgaben; die vorliegende Ausgabe aus dem Bärenreiter-Verlag dürfte jedoch im Raume Nordrhein-Westfalen ein Standardwerk darstellen, weil sie in enger Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirche entstanden ist und zudem m.E. die derzeit einzige Ausgabe ist, welche den Stammteil und den landeskirchlichen Liederteil dieser Region innerhalb eines Werkes beinhaltet.

Nun aber sei das Augenmerk auf den Inhalt der beiden, mit insgesamt 3170 Gramm (laut Verlagsangabe !) recht schweren Bände gerichtet. Die Lieder und Gesänge im EG sind wie in unserem Gesangbuch nach Themen systematisiert. Die Reihenfolge der Orgelsätze im Orgelbuch folgt der Reihenfolge der Lieder im EG, was früher nicht immer - z.B. im alten Choralbuch zum EKG (Evangelisches Kirchengesangbuch) von 1970 [1] mit einer alphabetischen Sortierung der Lieder - gegeben war. Das Orgelbuch zum EG gliedert sich nach folgenden Themen:

Band I (Lied 1-315)

Stammteil
  • Kirchenjahr:
    Advent, Weihnachten, Jahreswende, Epiphanias (Erscheinungsfest 6.1.), Passion, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten, Trinitatis (Dreifaltigkeitsfest, Sonntag nach Pfingsten), Besondere Tage (Johannestag, Michaelistag), Bußtag, Ende des Kirchenjahres
  • Gottesdienst:
    Eingang und Ausgang, Liturgische Gesänge, Wort Gottes, Taufe und Konfirmation, Abendmahl, Beichte, Trauung, Sammlung und Sendung, Ökumene
  • Biblische Gesänge:
    Psalmen und Lobgesänge, Biblische Erzähllieder

Band II (Lied 316-695)

Stammteil Fortsetzung (bis Lied 535)
  • Glaube - Liebe - Hoffnung:
    Loben und Danken, Rechtfertigung und Zuversicht, Angst und Vertrauen, Umkehr und Nachfolge, Geborgen in Gottes Liebe, Nächsten- und Feindesliebe, Erhaltung der Schöpfung - Frieden und Gerechtigkeit, Morgen, Mittag und das tägliche Brot, Abend, Arbeit, Auf Reisen, Natur und Jahreszeiten, Sterben und ewiges Leben - Bestattung
Landeskirchlicher Liederteil (Lied 536-695)
  • Der landeskirchliche Liederteil ist in die gleichen Rubriken unterteilt wie der Stammteil: Kirchenjahr, Gottesdienst, Biblische Gesänge, Glaube - Liebe - Hoffnung mit den dementsprechenden Unterrubriken.

Zu jedem Lied im EG bietet das Orgelbuch in der Regel eine Intonation und zwei Begleitsätze an; manche Lieder werden zudem zusätzlich noch in einer zweiten Tonart wiedergegeben. Der erste Begleitsatz ist grundsätzlich vierstimmig, der zweite Begleitsatz dreistimmig ausgesetzt. Insgesamt ist dieses Orgelbuch so ausgelegt, daß mit den gegebenen Begleitsätzen eine große Anzahl von Variationen zur Gestaltung des gottesdienstlichen Orgelspiels ermöglicht wird. So wurde bei der Erstellung der Begleitsätze besonderen Wert darauf gelegt, daß diese sowohl manualiter als auch auf dem Pedal ausführbar sind und daß die Melodie auf einem gesonderten Manual hervorgehoben werden kann. Die dreistimmigen Sätze sind hervorragend zum Triospiel geeignet. Zudem sind die Orgelsätze so ausgelegt, daß sie auch als improvisierte Choralvorspiele genutzt werden können, wobei unter Improvisation nicht zwangsläufig eine harmonische Umgestaltung verstanden werden muß.

Als Beispiele zur improvisatorischen Bearbeitung dieser Orgelsätze nennt der Herausgeber die melodische oder harmonische Figuration, sukzessiver Aufbau des Satzes, Neukombination verschiedener Liedabschnitte, Sequenzierung/Verfremdung, freie Fortführung, Wiederholungen auf einem anderen Manual, Echoeffekte. Etliche dieser Improvisationstechniken lassen sich auch für den Laien auf diesem Gebiet ohne großen Aufwand realisieren. Für den im Bereich der Improvisation erfahrenen Orgelspieler hingegen können diese Orgelsätze ein Pool von neuen Ideen zur improvisatorischen Ausgestaltung von Choralvorspielen sein. Und wer sich überhaupt nicht an Improvisationen traut bzw. die Kenntnisse nicht besitzt: auch ohne eigenständige Variationen der Sätze sind diese Begleitungen immer noch teilweise recht interessante Choralvorspiele. Es sei noch erwähnt, daß etliche Intonationen auch als Zwischenspiele verwendet werden können, was aber in unserer Kirche unüblich ist.

Die Herausgeber des Buches geben den spieltechnischen Schwierigkeitsgrad der Sätze von leicht bis mittelschwer an. Um einen Vergleich zu ziehen: die Orgelbegleitungen sind ungefähr genauso schwer zu spielen wie die Sätze im Gesangbuch der NAK. Die dreistimmigen Sätze sind übrigens insgesamt nicht leichter zu spielen als die vierstimmigen Begleitungen.

Stilistisch wird eine Vielfalt geboten, welche weit über das hinausgeht, was in der Neuapostolischen Kirche an musikalisch-stilistischer Bandbreite existiert. So reicht der Stil der Orgelbegleitsätze und Intonationen von alten Satztechniken der Renaissance (z.B. EG 439 - dorisch; EG156 - mixolydisch) und des Barock (z.B. EG 387) bis hin zu bitonalen Sätzen (z.B. EG 94)  und Blues-Anleihen (z.B. EG 229, dreistimmig) [2]. Der Stil der (vorgegebenen) Melodie bedingt meist auch den Stil der Begleitung, weil bei der Erstellung dieser Sätze darauf Wert gelegt wurde, daß der Satzstil die Eigenheiten der Melodie unterstreicht. Nur ein kirchenmusikalisches Genre läßt sich nicht finden: der musikalische Stil der Heilslieder der Erweckungsbewegung, wie sie im Gesangbuch der NAK zahlreich vertreten sind (z.B. GB 208, GB 336, auch GB 35) [3].

Eine noch größere stilistische Fächerung findet sich in den Intonationen, welche im Stammteil bis zu acht Takte lang (im landeskirchlichen Liederteil manchmal etwas länger) sind und deswegen innerhalb der evangelischen Kirchenmusik als Kurzintonationen gelten. Ob fugierte Einsätze (z.B. EG 418), im Stile eines Biciniums (z.B. EG 308), als Blues (z.B. EG 294, Vorspiel b), mit ostinater Begleitung (z.B. EG 206), oder gar frei tonal (z.B. EG 218) - es ist ein Spektrum vorhanden, welches durchaus in der Lage ist, die eigene Kreativität zu beflügeln.

Fazit

Dieses vorliegende Orgelbuch wird seinem Anliegen gerecht, innerhalb eines evangelischen Gottesdienstes mit minimalen Mitteln für möglichst große musikalische Abwechslung zu sorgen. Dies wird einerseits durch die große stilistische Bandbreite der Intonationen und Orgelsätze erreicht, andererseits durch die Idee, möglichst viele Gestaltungsvarianten der Begleitsätze bei deren Entstehung zu berücksichtigen. Dabei bewegen sich die Begleitsätze und Intonationen durchweg auf anspruchsvollem Niveau.

Nun stellt sich die Frage: Was kann ich als Orgelspieler in der Neuapostolischen Kirche damit anfangen? Es gibt meiner Auffassung nach vor allem zwei wesentliche Gründe, warum ein Blick in dieses Orgelbuch lohnt:

  1. Bei Liedern aus unserem Gesangbuch, deren Melodie sich im EG wiederfindet, können die Sätze aus dem Orgelbuch zum EG zur Bereicherung des vorgottesdienstlichen Orgelspiels herangezogen werden. Gerade das Konzept des Orgelbuchs, Begleitsätze anzubieten, welche mit einfachen Mitteln effektiv variiert werden können, ermöglicht eine abwechslungsreiche musikalische Gestaltung der Zeit vor dem Gottesdienst, vor allem, wenn man - wie eingangs erwähnt - nicht über improvisatorische Fähigkeiten verfügt. Dabei muß allerdings beachtet werden, daß einige Lieder in anderen Tonarten als im NAK-Gesangbuch stehen. Daran sollte man denken, wenn man vorhat, hintereinander die Versionen aus dem GB und die Version aus dem Orgelbuch zum EG zu spielen. Dies soll nicht dazu auffordern, zwischendurch den Transpositionsschalter (soweit vorhanden) zu betätigen, vielmehr sollte dann lieber nur eine Version vorgetragen werden.

    Einige Lieder sind auch von ihrer Rhythmik her im EG abwechlungsreicher (z.B. "Wachet auf, ruft uns die Stimme" GB 13 und etliche andere Nummern mit dieser Melodie; als EG 147 mit 2/2 / 3/2-Takt), was daran liegt, daß die Melodien im EG weitestgehend den Originalmelodien und ihrem Rhythmus entsprechen, während sie bei der Übernahme in unser Gesangbuch wahrscheinlich vereinfacht wurden.[4] Dies bedeutet auch, daß die Melodien im EG teilweise einen anderen Tonverlauf besitzen. Dies stellt  allerdings keine Einschränkung der Tauglichkeit der Sätze für unser Orgelspiel dar. Im Gegenteil: auch diese Dinge tragen dazu bei, ein interessantes vorgottesdienstliches Orgelspiel zu gestalten.

    Die Lieder im EG, deren Melodien im NAK-Gesangbuch vorkommen, sind zumeist harmonisch recht konventionell gestaltet, sodaß sich der Hörer noch nicht einmal unbedingt auf etwas allzu Neues einstellen muß.

  2. Die Art der Aussetzung der Melodien, vor allem aber der Intonationen, können für denjemigen, der improvisieren kann oder sich damit beschäftigen will, als Anregung für eigene, neue Vorspiele und Improvisationen dienen. Warum nicht einmal ein Vorspiel als Bicinium, fugiert, mit einem Orgelpunkt, mit einem Ostinato spielen ? Der Fundus an Ideen, der hier vorhanden ist, stellt m.E. gerade für den neuapostolischen Orgelspieler eine gute Basis für die eigene kreative Gestaltung von Vorspielen dar. Warum sollte man nicht auch mal einige in diesem Orgelbuch realisierte musikalische Ideen in sein eigenes Spiel vor und nach dem Gottesdienst aufnehmen ? Hier in diesem Buch sind all solche Ideen ausnotiert vorhanden. Wer eine Grundlage haben möchte, wie mit einfachen Mitteln professionell ein Choral, eine Melodie variiert werden kann, für den lohnt sich dieses Buch.

Ob man den recht hohen Preis von 248 DM hierfür aufbringen will - die Bände sind übrigens nicht einzeln erhältlich -, bleibt jedem selbst überlassen. Der Blick in dieses Orgelbuch ist jedoch garantiert lohnend.


Inwieweit die über unser Gesangbuch hinausgehende vorhandene stilistische Bandbreite des EGs für den eigenen vor- und nachgottesdienstlichen Gebrauch als Ressource verwendet wird, muß jeder Organist je nach seinen individuellen Gegebenheiten selbst einschätzen können. Die Bearbeitungen z.B. im Bluesstil dürften innerhalb der NAK wahrscheinlich (m.E. leider) kaum durchsetzungsfähig sein...

Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, was im Grundlagenpapier "Musik in der NAK" unter Punkt 2.1.2. "Musikstil" geschrieben steht:

"Unabhängig von persönlichen Neigungen ist Vielfalt anzustreben in der Auswahl von Musikgattungen, Stilrichtungen und Schwierigkeitsgraden. (...) Es gilt, den 'guten Mix', die richtige Mischung zu finden, also ein vielgestaltiges musikalisches Angebot bereitzustellen."

Das Orgelbuch zum EG kann einen wertvollen Beitrag dazu leisten, wenn es zur Gestaltung eines solch stilistisch abwechlungsreichen Mixes mit herangezogen wird.

19/5/1999 Dietmar Korthals


Links

Bärenreiter Verlag  Hier kann man das Orgelbuch online bestellen

Gesangbuch  Mitteilung der Evangelischen Kirche von Westfalen zum EG

Musik in Baden-Württemberg - Jahrbuch   Rezension des Esslinger Orgelbuchs (Vorspiele und Begleitsätze zum Stammteil des EG in 3 Bänden) und des Württembergischen Orgelbuchs (Vorspiele zum Regionalteil Wüttemberg des EG)


Anmerkungen

[1] Gerok, Karl / Metzger, Hans-Arnold / Rödding, Gerhard: Choralbuch zum Evangelischen Kirchengesangbuch. Mit den Begleitsätzen des Württembergischen Choralbuches und mit Begleitsätzen zu den Liedern des Anhanges zum Rheinisch-Westfälisch-Lippischen Gesangbuchs. Bärenreiter: Kassel, Basel 1970.

[2] In diesem Zusammenhang sei darauf aufmerksam gemacht, daß fast alle Begleitsätze, auch in historischen Stilen, Neukompositionen sind.

[3] Es sei erwähnt, daß dieser kirchenmusikalische Stil von der evangelischen Kirche aus theologischen, literarischen und musikästhetischen Gesichtspunkten lange Zeit ausgegrenzt wurde. Der Kirchenhistoriker und Hymnologe Günter Balders vertritt allerdings die Ansicht, daß diese Musik aufgrund ihrer Bedeutung für das Singen größerer Singgruppen und aufgrund ökomenischer Aspekte eine Neubewertung und neue Würdigung verdient habe. Vgl: Artikel Kirchenlied. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart II, Band 5. Bärenreiter-Verlag Kassel, Basel, London, New York, Prag 1996. S.81.

[4] Die Bewertung, ob denn eine Vereinfachung des Liedguts der beiden Großkirchen bei dessen Übernahme in unser Gesangbuch stattgefunden habe, ist leider nicht ganz unproblematisch, da die Quellen, welche damals bei der Edition unseres heutigen Gesangbuches vorgelegen haben, nicht vorliegen bzw. m.E. keine Untersuchungen hierzu existieren. Zudem sind die Versionen einiger Lieder der Großkirchen, selbst innerhalb einer Großkirche, in deren historischen Gesangbüchern, auf welche heutige Gesangbucheditionen zurückgreifen, teilweise unterschiedlich (Konrad Ameln nennt z.B. für den Choral "Ein feste Burg ist unser Gott" 6 verschiedene Fassungen für den Zeitraum zwischen 1533 und 1640. Vgl. Ameln, Konrad: Kirchenliedmelodien der Reformation im Gemeindegesang des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Dürr, Alfred / Killy, Walther [Hg.]: Das protestantische Kirchenlied im 16. und 17. Jahrhundert. Harrassowitz, Wiesbaden 1986. S.62f., S.68f. ). Aus diesem Grunde kann unter Umständen davon ausgegangen werden, daß zumindest bei einigen Liedern im EG eine edierte Fassung einer historischen Melodie vorliegt; zur Frage der Edierung schweigt sich das EG leider aus.

Es stellt aus den genannten Gründen insgesamt ein Problem dar, festzustellen, ob denn nicht eine selbständige Vereinfachung oder ästhetische Anpassung bei der Edition unseres Gesangbuchs stattgefunden hat oder ob bereits anderweitig veränderte Quellen als Vorlage benutzt wurden; schließlich gibt es innerhalb der Großkirchen ja, wie bereits erwähnt, teilweise unterschiedliche historische Varianten. Dennoch kann meiner Meinung nach den Versionen im EG eine größere historische Authenzität zugestanden werden als den unsrigen Versionen.